Montag, 24. November 2014

Mandalay - Taunggyi - Mandalay

Mandalay liegt in der Tiefebene, während sich der Ort unseres Workshops auf 1000 Meter Höhe "in den Bergen" befand. Dort war das Klima sehr angenehm, in Mandalay ist es heiß, die Stadt ist lärmig, hektisch und laut. Sehr laut. Ich habe das Gefühl bekommen, sie will, dass man sich durch sie hindurch kämpft.
von Termin zu Termin düsen
Es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel in dieser Millionenstadt. Man bewegt sich auf Motorradtaxis fort, entweder, indem man sich an den Straßenrand stellt und wartet, bis man von einem Motorradfahrer angesprochen wird und den Preis verhandeln kann. Oder aber, man kennt eine Telefonnummer, und in 10 Minuten ist auch schon jemand da. In der Regel kostet eine Fahrt 1500 Kyat, das sind ein Euro 30 oder so.
Am Montag düste ich mit so einem Fahrer durch die Stadt, von Termin zu Termin. Ich wollte NGOs kennen lernen, insbesondere solche, die im Bildungsbereich arbeiten, weil dies derzeit ein übergreifendes Thema in Myanmar ist, und auch, weil die Studierenden in Yangon Proteste gegen das geplante "Education law" angekündigt und durchgeführt haben.
Die Bibliothek
So habe ich die Knowledge Promoting Society kennen gelernt, gegründet von einem sozialwissenschaftlichen Lesezirkel, die eine ganz nette Bibliothek aufgebaut haben, und die selber Demokratietrainings zu ähnlichen Themen organisieren, wie wir das getan haben. Und der Reading Club des Youth Windows, dort nehmen viele Studierende teil, die ihre Meinungen noch sehr vorsichtig äußern.
Engagierte junge Menschen, die gerne etwas in ihrem Land verändern würden, und auch dort bleiben. Deren Wissenshunger und Neugierde so groß sind, dass sie alles Lesbare aufsaugen, dessen sie habhaft werden können.
Dann fuhr ich noch zum Local Ressource Center, das die NGOs miteinander verknüpft, und mit dessen Leiterin man stundenlang diskutieren kann. Und ich traf einen ehemaligen politischen Gefangenen, der am 1988-Uprising teilgenommen hat, dann acht (!) Jahre im Gefängnis saß und nach seiner Freilassung noch jahrelang Berufsverbot hatte. Wir sahen uns in dem Teehaus, in dem er in dieser Zeit "sein Büro" hatte, wie er leicht ironisch sagte. Mittlerweile unterrichtet er wieder an der Universität Geografie, und ist auch politisch aktiv. Wir sprachen unter anderem über die Situation an den Universitäten und auch über die Diskriminierung der ethnischen Minderheiten. Während unseres Gesprächs fiel mir auf, wie seine Augen die ganze Zeit die Umgebung absuchten. "Gibt es eigentlich wirklich Spitzel und Überwachung?", fragte ich ihn ganz direkt. Er erwiderte: "Here are government informers everywhere."

Am Land in Taunggyi

Nach den vielen Terminen in der feucht-heißen Stadt hatte ich das Bedürfnis, ein wenig heraus zu fahren. In Taungyyi, der Hauptstadt des Shan-Staates,  wollte ich meine beiden freien Tage verbringen, und mir ein touristisches Programm organisieren. Also, Nachtbustickets mit Hilfe von Thawng Thawng organisiert, und los ging das Abenteuer. Ach ja, und ich hatte meine neuen Bekannten dort kurz informiert, dass ich vorbei komme, und gefragt, ob sie mal Zeit "auf einen Tee" hätten.
Morgens um halb 5 Uhr, als mein Bus die Serpentinen auf 1500 Meter hochgekeucht war, warteten am Busbahnhof fünf Menschen auf mich, in Winterkleidung, denn es war frisch. Sie umarmten mich, und sagten nur: "Come, ... come ....!"
Am Inle Lake
Früchte am Straßenrand
Das ganze Besuchsprogramm zu erzählen, das sie in kürzester Zeit organisiert hatten, würde den Rahmen dieses Blogs sprengen. Doch während der Zeit in Taunggyi konnte ich meinen und Thawng Thawngs Abendspaziergang in der Umgebung unseres Hotels in Mandalay nicht vergessen. Hinter unserem Hotel befand sich nämlich eine Art Slum, viele kleine Verkaufsstände, hinter denen ein Verschlag oder ein Zelt aufgebaut worden war, in dem auf wenigen Quadratmetern die Familien lebten. Ohne direkten Wasseranschluss, nur mit einer Feuerstelle. Im Zentrum dieses Viertels befand sich zudem eine der über 1000 goldenen Pagoden, was völlig absurd wirkte, zumal man mir berichtet hat, dass die Ärmsten der Armen dafür Geld spenden würden. Damit sie an diesem Platz wieder geboren werden würden.
Taunggyi hingegen ist eine ländliche Gegend, die Lebensverhältnisse sind einfach, aber  alles wirkt stabil. Die Felder werden bestellt, Mangos wachsen dort, Bananen, Getreide - am Straßenrand kann man die frischen Produkte kaufen, derzeit gibt es Mandarinen, und wenn man im autonomen Gebiet der Pa-O ist, zumeist aus organischem Anbau.
Während der Fahrten, wieder im offenen Pritschenwagen, wurde mir erzählt, dass es gerade in dieser Gegend Spannungen zwischen den militärischen Gruppierungen der Pa-O und der im Staat dominierenden Shan gebe. Ich kann nur hoffen, dass die Kontakte aus unserem Workshop benutzt werden, um die Situation zu beruhigen. Schließlich war einer der Teilnehmer der Generalsekretär der White Tigers, der einflußreichsten Shan-Partei. Hoffentlich erreicht mich bald die Nachricht, dass wieder alles in Ordnung kommt. Aber dieses Beispiel zeigt wiederum, dass die Strategie der Militärregierung, die Ethnien gegeneinander auszuspielen, um die zentrale Macht zu erhalten, weiterhin greift. Dagegen hilft nur gemeinsam zu kämpfen und, neben der liberalen NLD, einen dritten ethnischen, politischen Block in Myanmar aufzubauen.  We will see....Denn, wie steht es auf einem unserer Workshop-Plakate: "Without ethnic voice there will be no (real) democracy in Myanmar!"




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen