Sonntag, 9. November 2014

Von Mandalay nach Pyin Oo Lwin

Bereits der Flughafen von Mandalay kann als eine Allegorie für die Ambivalenzen des Staates angesehen werden. Der Komplex liegt keineswegs in der Nähe der ehemaligen Hauptstadt Myanmar, sondern in der MItte des Nichts, also sind es mit Fahrer eine Stunde Fahrt dorthin, mit abenteuerlichen Local Transports in offenen Klein-LKWs dauert es sicherlich länger.
Flughafen Mandalay .... danach
Er wurde groß angelegt, nur leider findet kein ebenso großer Flugverkehr statt - und den hat es auch niemals gegeben. Aus dem Ausland kommt zumindest täglich eine Maschine aus Bangkok, das ist eine der wenigen Auslandsverbindungen nach Mandalay, mit der auch Manuel und ich, er vom Büro der Rosa Luxemburg Stiftung in Hanoi kommend, am frühen Nachmittag gelandet sind.
Es erwarten einen zunächst die problemlosen Einreiseformalitäten, eine Gepäckkontrolle in einer Halle mit vielen Gepäckbändern, von denen sich nur zwei bewegen. Schließlich wird am Ausgang jedes Gepäckstück gescreent, und die Fluggäste strömen hinaus. Dann, nach dieser kurzen mittäglichen Hektik, verfällt der Flughafen auf einen Schlag wieder in den Schlafzustand, in dem er sich zuvor befunden hatte.
Mein Weg nach Myanmar - die neu angelegte, vierspurige "Road to Mandalay" - endete in einem Teehaus in der früheren Hauptstadt, wo Manuel und ich auf einen weiteren Mitarbeiter des Hanoier Büros warten mussten. In einem halboffenen Gebäude schwirrten sehr junge Männer umher, brachten die Karte, dann Tee oder Kaffee oder eine Speise, in der Küche dampfte es, und hinter der Küche standen gefüllte Fässer herum, was darinnen war, weiß nur Gott. "Menschen sind halt billiger als Strom", so der trockene
Teehaus in Mandalay
Kommentar von Manuel. Alles, wirklich alles, wird per Hand von schlecht bezahlten Arbeitskräften erledigt. Als wir dann am späten Abend weiter fuhren, wuschen sich die Jungen mit Wasser aus einigen der ominösen Fässer, vermutlich ist das eine extra Sozialleistung des Besitzers.Vielleicht, später dann, gab es dieses Extra auch für die Mädchen, die in Küche gestanden, oder die am Boden sitzend Maisschalen ausgewaschen haben.

Karen Baptist Church Convent in Pyin Oo Lwin

Die Workshops beginnen morgen in einem Gemeindesaal der Karen Baptisten Gemeinde. Die Karen sind eine der vielen Ethnien, die die Bevölkerung Myanmars ausmachen. Ihr gemeinsames Band ist die Religion. Der Saal selber ist auf einem weitläufigen, grünen Gelände gelegen, auf dem noch eine Großküche sich befindet ("Essen ist in Asien sehr wichtig", betont Manuel in diesem Zusammenhang), ein Trakt mit Schlafplätzen zumeist auf dem Boden der Zimmer und auf einem Hügel thront die rote Kirche. Dazwischen eine Art Park, sowie ein Garten und Obstbäume.Die Gemeinde ist stolz darauf, dass dies alles durch Missionsarbeit entstanden ist, und so verstehen sie das Missionieren auch als eine ihrer vordringlichsten Aufgaben.
Die Großküche der Baptistengemeinde
Und schnell verbreitete sich auf dem Gelände die Nachricht, dass zwei "Langnasen" da sind. Und schon hatten wir eine Einladung, auch am Gottesdienst teilzunehmen, der wir auch gefolgt sind. Manuel und ich, sowie Thawng Than, auf den wir in Mandalay gewartet hatten, und Roi Nu, die mich die nächsten Tage vom Englischen ins Birmesische übersetzen wird.
Nach langer Zeit ging ich also sonntags wieder mal in eine Kirche. Es war nämlich Erntedankfest. In der roten Kirche stapelten sich auf den Treppen zum Altar allerhand Früchte: Papayas, Erdbeeren, die gerade in der Region wachsen, Kürbis, Pampelmuse, Avocados, Bananen..., um nur einige der Gaben Gottes zu nennen.
Frauen und Männer tragen die Tracht der Karen, oder zumindest deren Farben, nämlich Rot und Weiß, wobei bei den Frauen eher Weiß dominiert, während bei den Männern Rot im Vordergrund steht.
In immer neuen Kombinationen der TeilnehmerInnen wird gesungen. Die Kirche ist so voll, dass der Gottesdienst nach Draußen übertragen wird, damit auch die Außenstehenden teilhaben können. Eine Pastorin in einem grünen Gewand (es waren 6 oder 7 Personen als Geistliche aktiv) erklärte etwa die Bedeutung des Festes anhand von drei Pflanzen aus ihrem Garten, einem Bäumchen, das blattlos wächst, einem Bäumchen mit grünen Blättern und endlich von einem Mandarinenbäumchen, das gerade Früchte trägt. Dazu singt der Kirchenchor diejenigen Lieder, die sie in ihrem Garten singt, wenn sie sich um die Pflanzen kümmert. Alles wird plastisch auf die Altarbühne gebracht, es ist klar und verständlich, auch wenn man über keine Übersetzung verfügen würde. Damit ich die Lieder auch mitsingen kann, wurde mir übrigens ein englisches Liederbuch gereicht.
"Das Essen ist wichtig in Asien"
Nach dem Kirchgang waren wir noch zum gemeinsamen Essen eingeladen, in dem Raum, in dem die Workshops starten werden. Ich weiß nicht, wie viele Hände ich geschüttelt habe davor und danach. Denn einer der Priester hatte die glorreiche Idee, Manuel und mich zu Beginn des Gottesdienstes zum Altar zu bitten, um uns vorzustellen. Da standen dann zwei sichtlich erstaunte deutsche Linke vor Baptisten in einer Provinzstadt in Myanmar, und versuchten klar zu machen, was sie dort eigentlich treiben. Nun ja, die Freude über unsere Anwesenheit überwog als Reaktion. Denn das, was wir dort tun wollen, ist momentan noch sehr weit weg von ihrer Lebensrealität. Ein weiterer besonderer Aspekt des Landes. Alles ist eigentlich politisch, aber jeder und jeder, mit der oder dem ich spreche, beteuert, mit Politik nichts zu tun haben zu wollen. Aber das ist, wie man so schön sagt, eine andere Geschichte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen